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AutorenbildSteffi Li

Meine 300 Stunden Yoga- und Ayurveda-Ausbildung in Indien

Aktualisiert: 24. Mai

Am 2. September 2019 bin ich am Flughafen Dehradun gelandet, um am folgenden Tag meine 300-stündige Yoga- und Ayurveda-Ausbildung in Rishikesh zu beginnen. Ich war noch nie zuvor in Indien und es war schon seit einigen Jahren ein Traum von mir zur Geburtsstätte des Yoga zu reisen und dort zu lernen. Dieses Gefühl allein in einen Flieger zu steigen und nicht zu wissen, was einen erwartet, ist jedesmal unglaublich. So stieg ich also nach einer ca. 15-stündigen Anreise aus dem kleinen indischen Flugzeug und hatte keine Ahnung, was in den kommenden Wochen auf mich zukommen würde...

Mein erstes Fußbad im heiligen Fluss Ganges

Vor dem Flughafen standen zwei grinsende Inder, die einen Karton mit dem Namen "Stphnie" hielten. Strahlend ging ich auf die beiden zu und wir begannen die einstündige Autofahrt zum Yoga-Zentrum. Ich saß mit meinem Rucksack auf der überdachten Ladefläche des kleinen Jeep. Der Beifahrer Rishi legte HipHop-Musik auf, während der Fahrer, der aussah wie eine indische Version des Schauspielers Johnny Depp, mit Vollgas und permanentem Gehupe auf den holprigen Straßen dahinraste. Wir fuhren eine Straße entlang, die häufig von wilden Tigern gekreuzt wird. Rishi erklärte mir, dass die Straße deshalb Abends gesperrt wird. Dann durchquerten wir die Stadt Rishikesh - eine wunderschöne Stadt, die direkt am Himalaya-Gebirge und am heiligen Fluss Ganges liegt (der dort übrigens noch ziemlich sauber ist). An diesem Ort ist vor tausenden von Jahren Yoga entstanden. Nach wie vor leben dort viele große Yogis und Gurus. Ich bekam zum ersten Mal Gänsehaut. Allein die Autofahrt war bereits ein Abenteuer - zuerst die Eindrücke der Stadt, die vielen Menschen, Kühe und Affen auf den belebten Straßen, die Gerüche, der aufgewirbelte Staub, der Lärm des hupenden Verkehrs,... und dann die Fahrt hinauf in die Berge, vorbei an atemberaubend schönen Wasserfällen, durch Bäche hindurch, auf der steilsten und steinigsten Straße, die ich je gesehen habe. Aus dem Dschungel tauchten schließlich ein paar kleine Gebäude und Bungalows auf. Über dem Tor stand: Ayuskama Yoga and Ayurveda School. Mein Zuhause für die nächsten 5 Wochen.

Ayuskama Yoga- und Ayurvedaschule

Die Ankunft:

Mittlerweile bin ich nicht mehr so nervös, wenn ich irgendwo neu bin. Ich habe tief in mir das Vertrauen, dass ich genau da, wo ich bin, richtig bin. Und so war es auch hier. Ich bekam nicht viele Informationen über das Programm, wann es losging oder wann die anderen kommen würden. Ich wusste nur, wann es Essen gibt. Das war scheinbar das Wichtigste. Ich bezog meinen kleinen Bungalow und war überaus glücklich, dass ich warmes Wasser und Insektengitter an den Fenstern hatte. Die Einrichtung war sehr einfach: ein Bett, ein kleiner Tisch mit zwei Sesseln, ein Nachttisch, ein Wandregal und ein Bad mit einem Waschbecken, einem Spiegel, einem Klo und einem Duschkopf gleich daneben. Davor war eine kleine Veranda mit einem weiteren Tisch und zwei Sesseln. Auf einem der Sessel zog gleich am ersten Tag der einjährige Kater der Schule ein. Er schlief dort jede Nacht und begleitete mich tagsüber zu meinen Yoga-, Ayurveda- und Theoriestunden. Ich war die erste die ankam. Er schien sich sehr über neue Gesellschaft zu freuen. Ich schlief ein paar Stunden, dann bekam ich mein erstes ayurvedisches Essen.

Der Kater und ich auf meiner Veranda

Das Essen:

Ich liebte das Essen! Im Gegensatz zu anderen Kursteilnehmern wurde mir das ayurvedische und sattvische Essen im Yogazentrum nie langweilig. Ich fühlte mich zum ersten Mal in meinem Leben optimal genährt. Ich nahm sogar einige Kilo zu ;) Das Essen bestand meistens aus einem Linsendaal, Reis, Gemüsemasala und Chapati - einem einfachen Fladenbrot aus Weizenmehl. Zum Frühstück gab es manchmal Porridge, manchmal Pancakes aus Kichererbsenmehl oder gefüllte Chapatis, hin und wieder auch süß gewürzte Nudelgerichte oder Poha (ein Reisgericht mit Nüssen). Yogurt gab es nur morgens oder mittags, niemals am Abend. Reis gab es eigentlich immer. Die Abwechslung war nicht besonders groß. Zum Beispiel gab es kaum Obst und auch nicht besonders viel Gemüse außer Zucchini, Aubergine, Gurken, Karotten und Kürbis. Die Vielfalt lag vor allem in den verschiedenen Gewürzen und Getreidesorten. Die Ayurveda-Ärzte waren der Meinung, dass Kohlenhydrate das wichtigste sind, um den Körper ideal zu nähren und gesund zu erhalten. Ich fühlte mich gut damit, andere Kursteilnehmer weniger. Ich glaube, dass es sehr verschieden ist, was wem zu welchem Zeitpunkt gut tut und was nicht. Und obwohl ohne Zwiebel und Knoblauch gekocht wurde, um auch der Yoga-Ernährung zu entsprechen - im Yoga isst man nämlich keine Lebensmittel, die negative Energien aufweisen wie z.B. Tierprodukte, Fertigprodukte, Wurzelgemüse,... - aber das erkläre ich lieber ein anderes Mal ;) - es hat jedenfalls immer köstlich geschmeckt. Dazu tranken wir entweder Ingwer- oder Tulsi-Tee.

Ein typisches ayurvedisches Menü bestehend aus Chapati, Reis, Gemüsecurry, Linsendal und Sprossen

Der erste Tag:

Tag 1 startete gemütlich mit einem gemeinsamen Frühstück. Hier lernte ich zum ersten Mal die anderen Kursteilnehmerinnen kennen. Das waren zwei Brasilianerinnen, eine Inderin, die in Australien lebt, eine Tschechin, die in Uruguay lebt, eine Amerikanerin und eine Österreicherin, die in Amerika lebt. Ich freute mich sehr über die kleine Gruppe. Sie würde sich schon nach wenigen Wochen wie Familie anfühlen. Wenn man so eng mit anderen zusammenlebt und derart intensive Erfahrungen teilt, bilden sich die innigsten Freundschaften. So kommt es, dass ich mittlerweile überall auf der Welt Freunde habe, mit denen ich intensiver in Kontakt stehe, als mit Menschen, die im selben Dorf mit mir leben. Wenn man sich seelisch tief verbunden fühlt, spielen Zeit oder Distanz einfach keine Rolle. Und das ist eines der schönsten Dinge, die man auf einer Yoga-Ausbildung erfahren darf.

Am Nachmittag startete die hinduistische Eröffnungszeremonie. Zeremonien haben in Indien eine große spirituelle Bedeutung und sind wunderschön anzusehen und sehr berührend. Hier lernten wir auch den Gründer der Schule und Ayurvedaarzt Dr. Vinod Kumar kennen. Er und seine wundervolle Frau Dr. Neetu Singh haben mir in diesem Monat viel mehr beigebracht als ich je für möglich gehalten hätte. Sie haben ihr Wissen mit so viel Liebe, Erfahrung und praktischen Übungen vermittelt, dass es mein gesamtes Leben tiefgehend verändert hat.

Das bin ich nach der Eröffnungszeremonie

Was durfte ich alles lernen?

Ich lernte zum Einen ganz viel Neues über Yoga und zum Anderen wurde mir mit fundiertem Ayurveda-Wissen eine komplett neue Welt eröffnet. Im Yoga lernte ich das meiste im Bereich der Yogaphilosophie, die Herkunft des Yoga, den kulturellen Hintergrund und den eigentlichen Sinn des Yoga - nämlich die Erleuchtung Samadhi und weiters die Befreiung Moksha zu erreichen. Wir gingen besonders tief in den Pranayamas, den yogischen Atemtechniken, bei denen es darum geht die Atempausen Kumbhaka zu verlängern und dadurch den Geist zu zentrieren. Im Bereich der Yoga Asanas lernte ich sehr viel darüber, wie man den Körper optimal auf intensivere Asanas vorbereitet und danach wieder in die Regeneration bringt, wie man Abfolgen ideal gestaltet und wie wichtig es ist an der Mobilität und Flexibilität zu arbeiten. Ich lernte es geduldig zu sein, länger in Asanas zu verharren und mit jeder einzelnen Zelle meines Körpers die Wirkung zu spüren. Ich lernte stundenlang mit aufrechter Wirbelsäule im Schneidersitz zu sitzen und meine Gedanken zu kontrollieren. Ich durfte auch viel selbst unterrichten: unter anderem Asana-Sequenzen für Menschen mit bestimmten Einschränkungen oder Krankheiten, Pranayama, yogische Reinigungstechniken oder auch Yoga Nidra. Obwohl ich durch meine Yoga Nidra-Ausbildung im Oktober 2018 bereits ein großer Fan dieser Entspannungstechnik war, wurde mir dessen medizinische Bedeutung noch einmal mehr bewusst. Auch meine eigene Yogapraxis hat sich durch meinen Indienaufenthalt verändert. Ich lege mittlerweile mehr Fokus auf die Entspannung als auf die Aktivität, weil sie wie ein Lebenselixier auf meinen Körper und Geist wirkt. Und weil die Entspannung genau das ist, was in meinem ganzen bisherigen Leben zu kurz gekommen ist. Ich mache nach wie vor täglich meine körperlichen Übungen, aber noch wichtiger sind mir jetzt die Atemübungen geworden. Wenn man einmal dessen langfristige Wirkung erlebt hat, möchte man sie einfach nicht mehr missen. Ich konnte also meine eigene Yogapraxis vertiefen und habe gleichzeitig gelernt, andere Menschen noch besser in ihrer Yogapraxis zu assistieren und zu führen. Und dafür bin ich sehr dankbar!

Im Bereich des Ayurveda habe ich wohl das meiste gelernt, weil mir diese Welt der ganzheitlichen Gesunderhaltung des Körpers komplett neu war. Ich habe unglaublich viel über das Wunder des menschlichen Körpers gelernt: seine Anatomie und Funktionsweise, seine Art Ungleichgewichte im System zu äußern, mit Krankheiten umzugehen und sich selbst zu heilen. In zahlreichen Theoriestunden erfuhr ich über die Theorie der fünf Elemente aus denen alles in der Natur besteht: Menschen, Tiere, Lebensmittel, Gegenstände, ja sogar Jahreszeiten. Aus diesen fünf Elementen bilden sich die sogenannten Doshas oder ganz spezifischen Konstitutionen jedes Menschen. Ich durfte meine eigene Natur herausfinden und lernen, wie ich mehr im Einklang mit dieser leben kann. In praktischen Übungen erlernte ich zahlreiche ayurvedische Massagetechniken und Therapieformen. Ich lernte ayurvedisch zu kochen. Ich lernte die Natur anderer Menschen zu bestimmen und anhand derer spezifische Ernährungs- und Lebensstilberatungen durchzuführen. Aber vor allen Dingen lernte ich mich selbst zu behandeln und gesund zu erhalten. Und dieses Wissen wird ohne Zweifel mein gesamtes Leben verändern.

Unsere Gruppe zusammen mit Dr. Vimod

Meine Behandlung:

Neben meiner Ausbildung entschied ich mich dazu, mich auch einer ayurvedischen Behandlung zu unterziehen. Ich leide bereits seit mehreren Jahren unter einem Ungleichgewicht in meinem System. Das war mir zuvor schon bewusst. Ich wusste nur noch nicht, was ich dagegen tun konnte. Die Symptome waren unter anderem: Knacken in den Gelenken, Knieprobleme, Rückenschmerzen, innere Unruhe, Stress, Nervosität, Angst und seit einigen Monaten sogar eine kleine Störung in meinem Herzrhythmus. Der Arzt bestätigte mir die Vermutung, dass es sich um ein Vata-Ungleichgewicht handelte. Vata ist neben Pitta und Kapha eine der drei Doshas, aus denen sich die menschlichen Konstitutionen zusammensetzen. Meine Natur ist Pitta-Vata, mein derzeitiger Zustand war aber Vata-Pitta. Das bedeutet, ich hatte zu viel Vata in meinem System - angehäuft durch jahrelange Überarbeitung, zu wenig Entspannung und einen falschen Lebensstil. Also begann ich mit einer 10-tägigen Entgiftungskur mit dem Namen Basti. Das ist eine der fünf berühmten Panchakarma Kuren im Ayurveda. Sie startete mit täglichen zweistündigen Ölmassagen und Hitzebehandlungen, um die Toxine im Körper (sog. Ama) weich zu machen und zu mobilisieren. Ab dem fünften Tag begann die innere Entgiftung mit täglichen Einläufen mit verschiedenen Öl- und Kräutermischungen. Dazu gab es einen Ernährungsplan und Empfehlungen für meinen Lebensstil. Zum Beispiel wurde mir tägliche Entspannung mit Yoga Nidra und eine spezielle Morgenroutine mit verschiedenen Reinigungstechniken, Selbstmassagen mit Mandelöl, Ölziehen, Yoga-Übungen, Atemübungen und Mantras empfohlen. Ayurveda arbeitet ganzheitlich. Es bezieht alles mit ein: Körper, Geist und Seele. Deswegen habe ich mich in die Wissenschaft des Lebens verliebt. Während und einige Tage nach meiner Entgiftungskur ging es mir richtig schlecht. Ich bekam extreme Rücken- und Knieschmerzen, ich konnte nicht mehr schlafen, hatte Alpträume und war körperlich vollkommen ausgelaugt. Ich konnte in dieser Zeit kein körperliches Yoga praktizieren. Ich machte fast nur Yoga Nidra. Zunächst hatte ich Angst, die Behandlung würde alles nur noch schlimmer machen, doch dann begann erst der eigentliche Heilungsprozess. Ich bekam spezielle Kräuter zum einnehmen und konnte es kaum glauben wie schnell es mit mir bergauf ging. Die Medikamente nehme ich immer noch. Ayurveda arbeitet langsam. Erst nach zwei Monaten kann ich die Medikamente absetzen. Selbst dann wird es noch einige Monate dauern bis sich herausstellt, ob und wie nachhaltig die Behandlung gewirkt hat. Ich fühle mich allerdings schon jetzt 1,5 Monate später wesentlich besser und bin gespannt auf die Wirkung nach einem Jahr, wenn die Behandlung dann tatsächlich abgeschlossen sein wird. Ich bin froh, mich für die Behandlung entschieden zu haben. Denn wie oft bekommt man die Chance direkt im Ursprungsland und für wenig Geld eine traditionelle Ayurveda-Behandlung machen zu können. Es war ein unbeschreibliches Erlebnis und ich fühle mich meiner Ayurveda-Therapeutin Pooja immer noch tief verbunden aufgrund der Liebe und Heilung, die sie mir in den vielen Stunden in ihrem Behandlungsraum geschenkt hat.

Meine Ayurveda-Therapeutin Pooja

Die Location:

Ich habe es sehr genossen mitten im Dschungel, umgeben von Bergen und Wäldern, wilden Tieren und den unzähligen Naturgeräuschen zu leben. Die Stadt Rishikesh liegt 20 Fahrminuten vom Zentrum entfernt und es gab nur einen Jeep, der die steile Straße bewältigen konnte. Da das Programm sehr intensiv war (wir hatten insgesamt nur 3 Nachmittage frei), hatte ich gar nicht das Bedürfnis in die Stadt zu fahren oder etwas einzukaufen. Ich hatte Waschmittel und genügend warme Kleidung dabei, deshalb war es auch nicht wirklich notwendig. Ich verbrachte meine wenige Freizeit am liebsten mit einem Spaziergang zum nahegelegenen Wasserfall oder zum kleinen Bauerncafé, das sich ca. 50 Meter oberhalb vom Zentrum befand. Dort gab es leckere Tees und Süßspeisen direkt vom Bauernhof. Da wir inmitten des Dschungels wohnten, gab es allerdings auch viele wilde Tiere. Zum Beispiel hatten wir in unseren Bungalows öfter Kontakt mit Kakerlaken, Skorpionen oder gigantisch großen Spinnen. Die wunderschöne Aussicht, die Ruhe und die Bergluft machten das aber mit Sicherheit wieder wett.

Um 6 Uhr morgens bei meiner eigenen Yogapraxis

Mein Fazit:

Ich kann die Ayuskama Yoga- und Ayurvedaschule zu 100 % weiterempfehlen. Man muss nur bedenken alles nötige mitzunehmen und zur richtigen Jahreszeit hinzufahren (Im Winter kann es dort oben sehr ungemütlich werden). Ich würde den September auf jeden Fall wieder nehmen. Da ist der Monsun bereits am abklingen und die Temperaturen angenehm zwischen 20 und 30° Celsius. Ein kleines Manko war bei mir, dass unser praktischer Yogalehrer noch neu war und sich erst an die neue Lehrsituation gewöhnen musste, sodass wir in den ersten Tagen nicht wirklich das lernten, was wir uns vorgestellt hatten. Nach einigen Gesprächen mit ihm und den Leitern der Schule wurde das aber besser und wir konnten am Ende doch noch alle von den Yogaeinheiten profitieren. Ich würde dir empfehlen genügend Reisewaschmittel, viel Shampoo und Duschgel mitzubringen, einen Regenschirm und lange Yogakleidung, die auch schmutzig werden darf. Das Öl aus der Behandlung ist nämlich schwer wieder rauszukriegen ;)


Falls du jetzt Interesse hast, selbst dorthin zu fahren, um zu lernen oder eine Ayurveda-Behandlung zu machen, schreib mir einfach. Ich beantworte gerne deine individuellen Fragen!


Hier ist der Link zur Website der Schule:


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